Vertiefen und verbreiten: Die Transferphase von LiGa

22.09.2021 - Die zweite Programmphase von „LiGa – Lernen im Ganztag“ hat 2020 begonnen. Neben Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt startet nun auch Hessen Ende September in die zweite Phase. Wir haben mit Programmleiterin Anna Margarete Davis von der DKJS und Projektmanagerin Viktoria Latz von der Stiftung Mercator über Ziele, Angebote und Themen gesprochen.

A. Davis und V. Latz (v.l.n.r.) ©DKJS

Vier Bundesländer – eine Initiative: Welches gemeinsame Ziel verfolgen die Stiftungen und die beteiligten Länder?

Viktoria Latz: Grundsätzlich möchten alle Beteiligten Bildungschancen für Kinder und Jugendliche verbessern und mehr Chancengerechtigkeit schaffen. Dafür sind Ganztagsschulen elementar wichtig. Doch bislang schöpfen sie ihre Potentiale häufig noch nicht aus. Deshalb möchten wir die Qualitätsentwicklung an Ganztagsschulen voranbringen und vor allem mehr individualisiertes Lernen fördern. Unser zentraler Ansatzpunkt in LiGa ist die Zusammenarbeit von Schulleitung und Schulaufsicht. Ihre Kooperation stärken wir durch Austausch- und Fortbildungsangebote. Wir freuen uns sehr, dass wir diese spannenden Themen länderübergreifend bearbeiten, denn das schafft Synergien und einen spürbaren Mehrwert. Das wurde schon in der ersten Programmphase deutlich.

Die Zusammenarbeit von Schulleitung und Schulaufsicht zu stärken, ist ein zentrales Anliegen in dieser Phase. Warum nehmen Sie diese Gruppen besonders in den Blick?

Anna Davis: Beide Gruppen sind besonders relevant für wirksame Veränderungsprozesse an Schulen. Leitungshandeln – gut abgestimmt mit der zuständigen Schulaufsicht – entwickelt Kräfte, die unseren Erfahrungen nach viel bewirken können. Die Zielgruppe Schulaufsicht ist außerdem aufgrund ihrer Multiplikatorenrolle sehr relevant. Jede einzelne Schulaufsicht betreut ungefähr 20 bis 30 Schulen und kann ihr Wissen so in viele Schulen tragen. Außerdem befindet sich die Rolle der Schulaufsicht in einem grundlegenden Wandel: weg von der traditionellen Aufsichts- und Kontrollfunktion, hin zu einer beratenden, unterstützenden Funktion. Diesen Wandel möchten wir begleiten und im Programm sichtbar machen. Beispielsweise gibt es in allen beteiligten Ländern Fortbildungsformate für Mitarbeitende der Schulaufsicht. Zusätzlich sind wir als Deutsche Kinder- und Jugendstiftung in unserer gesamten Arbeit fest davon überzeugt, dass Qualität und Entwicklung tatsächlich vor Ort entstehen und genau da unterstützt werden müssen.

Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein nehmen an LiGa teil. Jedes dieser Länder hat ein eigenes Landeskonzept erarbeitet. Welche inhaltlichen Schwerpunkte setzen die Länder?

Anna Davis: Als große Klammer über allem steht wie gesagt die gemeinsame Qualitätsentwicklung und die Zusammenarbeit auf Leitungsebene – zwischen Schulleitung und Schulaufsicht. Allerdings gestalten die Länder das sehr unterschiedlich aus. So ist es auch gewollt, dass jedes Land sein eigenes Konzept entwickelt und umsetzt. In Sachsen-Anhalt spielt das Thema Digitalisierung weiterhin eine zentrale Rolle. Dort bietet zum Beispiel der digitale LiGa-Campus viele Materialien und es finden regelmäßig digitale Denkfabriken und Mikro-Impulse statt. In NRW liegt der Schwerpunkt ebenfalls auf dem digitalen Lernen und der digitalen Vernetzung – noch mal mehr befördert durch die Pandemie, in der wir uns befinden. Hier wurde gerade eine Praxisdatenbank mit guten Schulbeispielen veröffentlicht. Hessen hingegen verknüpft die Qualitätsentwicklung sehr eng mit der kulturellen Bildung. Schleswig-Holstein hat Modellnetzwerke entwickelt, die sich unter anderem mit Konzepten zur datengestützten Schulentwicklung befassen. Außerdem war ursprünglich ein enger Austausch mit Dänemark geplant – der wird hoffentlich bald in Form von Exkursionen wieder möglich sein. Das alles bildet nur einen kleinen Ausschnitt der vielen LiGa-Themen und -Aktivitäten in den Ländern ab.

Worin besteht denn der wesentliche Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Programmphase?

Viktoria Latz: Es geht in der zweiten Programmphase um die Frage der Nachhaltigkeit und um den Transfer. Erfolgreiche Ansätze, Formate und Strukturen aus der ersten Programmphase sollen nicht abbrechen, sondern langfristig weitergeführt werden. Auf der operativen Ebene haben wir deshalb in dieser zweiten Programmphase drei Säulen: Vertiefung und Erprobung, Verbreitung und die länderübergreifende Aufbereitung. Einige Ansätze und Projektergebnisse aus der ersten Förderphase werden in den Ländern vertieft und auch neue Ansätze werden – zum Beispiel in den Modellnetzwerken – erprobt. So weiten wir das Handlungswissen über wirksame Steuerungsansätze für die Qualitätsentwicklung an Ganztagsschulen aus.

Zur Verbreitung zählt, dass Erkenntnisse und Ansätze aus der ersten Phase ins Regelsystem übergehen und dadurch möglichst viele Schulaufsichten, Schulleitungen und Lehrkräfte erreicht werden können. Ganz konkret bedeutet das zum Beispiel, dass in Schleswig-Holstein nun eine modulare Fortbildungsreihe für alle Schulaufsichten des Landes begonnen hat.

Länderübergreifend werden Ergebnisse und gute Praxis gebündelt und aufbereitet. Ein tolles Beispiel dafür ist die Website www.schulaufsicht.de, die das LiGa-Team erarbeitet hat. Solch ein Transfer-Tool hat es für diese Zielgruppe bisher noch nicht gegeben. Zusätzlich ist beabsichtigt, dass der LiGa-Expert:innenrat die Themen und Ergebnisse des Programms in einen wissenschaftlichen Kontext stellt.

Welche Herausforderungen haben sich speziell durch die Corona-Pandemie ergeben? Und wie sind Sie bislang damit umgegangen?

Anna Davis: Wir mussten uns von einem Tag auf den anderen komplett umstellen – genauso wie die Schulen das ja auch getan haben. Wir konnten die Schulen nicht wie geplant in ihren Netzwerken zusammenrufen, sondern haben alternative Angebote im digitalen Raum entwickelt. Dabei mussten wir auch die Hindernisse im digitalen Bereich berücksichtigen: Viele Teilnehmende haben noch immer mit einer mangelnden Ausstattung zu kämpfen, aber auch fehlende Anwendungskompetenzen oder schlicht Datenschutzregeln haben das eine oder andere Tool verhindert. Dennoch haben wir es in kürzester Zeit geschafft, von Präsenz auf digitale Formate umzustellen und die Inhalte zu überarbeiten. So haben wir beispielsweise im September 2020 die digitale Veranstaltungsreihe „LeaderChips to go“ ins Leben gerufen. Dabei geht es um die Frage, wie wirksame Führung und Steuerung in Zeiten der Krise gelingen können.

Insgesamt mussten wir unsere Inhalte jedoch nur marginal anpassen, denn Leitungs- und Steuerungshandeln und Ganztagsschulentwicklung sind gerade in dieser herausfordernden Zeit relevante Themen. Das bestätigen uns auch die Teilnehmenden.

Blicken wir nach vorn in das Jahr 2024. Was muss passiert sein, damit Sie dann auf eine erfolgreiche zweite Programmphase zurückblicken können?

Viktoria Latz: Wir als Stiftung Mercator wären sehr zufrieden, wenn die Projektergebnisse in die Länderstrukturen überführt werden und die LiGa-Produkte dazu beitragen, die Erkenntnisse aus dem Programm in der Praxis anzuwenden. Ein weiterer Erfolg wäre, das individualisierte Lernen im Mittelpunkt der Schulbildung zu verankern und ein gemeinsames Verständnis darüber zu schaffen, welche Aspekte guten Ganztag ausmachen. Für die LiGa-Teilnehmer:innen erhoffe ich mir, dass sie ihre Learnings im Alltag anwenden, aber auch an andere Kolleg:innen und Schulen weitergeben.

Was wünschen Sie den Teilnehmenden des Programms? Geben Sie uns bitte drei Stichworte.

Viktoria Latz: Inspiration, Begeisterung und Teamgeist!

Anna Davis: Gutes Durchhaltevermögen, um langfristige Ziele nicht aus dem Blick zu verlieren, eine Bereicherung für die Arbeitskontexte der Teilnehmenden und viel praxisrelevantes Wissen.

 

Details zu den einzelnen Landesvorhaben

Weiterführende Informationen zu den Vorhaben in den Ländern finden Sie hier:

 

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