Zielvereinbarungen sind ein Steuerungsinstrument, das auch als „Management by Objectives“ aus der Wirtschaft bekannt ist. Viele Schulleitungen und Mitarbeitende der Schulaufsicht arbeiten bereits mit diesem Tool. Woher kommt der Wunsch nach Zielvereinbarungen? Und wie lassen sie sich in schulischen Entwicklungsprozessen umsetzen?
Von der Wirtschaft in die Schule
Ein Effekt der Schulreformen zu Beginn des neuen Millenniums war die Einführung der Out-put-Orientierung im deutschen Bildungswesen. Schulen und Schulqualität sollten fortan an den Leistungen ihrer Schülerinnen und Schüler und somit auch ihrer Lehrkräfte, der Schulleitung und anderer Mitarbeitenden der Schule gemessen werden. Eine Orientierung am Out-put bedeutete gleichzeitig einen Bedeutungsverlust des Inputs. Während der vorangegangenen 20 Jahre wurde davon ausgegangen, dass eine Steuerung von Qualität ausschließlich über das Bereitstellen von Ressourcen und das Erlassen von Vorgaben gelingt. Eine Hinwendung zum Output ging also mit einem Rückgang von Steuerung und einem Mehr an Eigenverantwortung an der Schule einher. Da eine reine Rücknahme von Steuerung jedoch ein Vakuum hinterlassen hätte, brauchte es Steuerungsinstrumente, um diesen Raum zu füllen.
Als eine erprobte Methode aus der Wirtschaft wurde unter anderem das Management by Objectives (MbO), also Zielvereinbarungen, im Bildungsbereich eingeführt. MbO wurde in den fünfziger Jahren vom Ökonom Peter Drucker entwickelt und dient im Wirtschaftsbereich sowohl der Umsetzung von strategischen Unternehmenszielen als auch der Vereinbarung von Zielen mit einzelnen Mitarbeitenden.
Die Schule als Motor der Qualitätsentwicklung
Die Einführung des Instruments der Zielvereinbarungen fügt sich in die Erkenntnis, dass Schulentwicklung am besten gelingt, wenn die Schule als Motor der Schul- und Qualitätsentwicklung gesehen wird. Dieser Motor läuft besser, je mehr Mitglieder der Schulgemeinschaft am Prozess beteiligt sind. Die Vereinbarung von Zielen mit der Schulaufsicht ist deshalb keine alleinige Aufgabe der Schulleitung, auch wenn sie den Prozess letztendlich verantwortet.
Der Prozess der Zielvereinbarung
„Zielvereinbarungen enthalten von Leitungskräften und Mitarbeitern gemeinsam geklärte, übereinstimmend festgelegte, verbindliche Ziele […], die in einem bestimmten Zeitraum erreicht werden sollen. Ziele beschreiben einen angestrebten zukünftigen Zustand, ohne bereits den Weg zu weisen, wie man ihn erreichen kann.“
Qualitätsagentur am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung 2014: S. 5
Ausgangspunkt eines jeden Qualitätsentwicklungsprozesses ist eine Bestandsaufnahme. Im Kontext der Schulentwicklung ist dies eine interne oder externe Evaluation. Aus den Ergebnissen dieser Evaluation ergibt sich ein datenbasierter Handlungsbedarf für die Qualitätsentwicklung an der Schule. Diese Erkenntnis sagt allerdings noch nichts darüber aus, in welche Richtung die Schule sich entwickeln soll.
Um eine Richtung festzulegen, braucht es Ziele. Sie beschreiben einen gewünschten Zustand, der am Ende des Entwicklungsprozesses erreicht werden soll. Für den Erfolg des Entwicklungsvorhabens sind sowohl bestimmte Eigenschaften des Ziels als auch die Art und Weise seiner Entstehung wichtig.
SMARTE Ziele – gemeinsam festgelegt
Ziele sollten Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch und Terminiert sein. Ein spezifisches, also eindeutiges Ziel ist zwar schwer zu definieren, aber hinterher lässt sich leichter kontrollieren, ob es erreicht wurde. Das gleiche gilt für die Messbarkeit. Vereinbarte Ziele brauchen Indikatoren, an denen ihr Erreichungsgrad gemessen werden kann. Entscheidend ist auch die Attraktivität des Ziels, um alle Beteiligten motiviert zu halten. Schlussendlich braucht es einen festgelegten Termin, an dem das Ziel erreicht werden soll. Dann erfolgt eine abschließende Kontrolle zur Zielerreichung.
Erst das Warum, dann das Wie
Für den Prozess der Zielfindung lohnt es sich zu fragen, warum oder wozu man Ziele im schulischen Entwicklungsprozess braucht.
Zum einen schaffen Ziele Orientierung und Handlungssicherheit. Die Vereinbarung von wenigen, konkreten Zielen entlastet die Schule. Die oftmals vielfältigen Vorhaben, Teilziele und Projekte der Schule werden miteinander in Beziehung gesetzt, gebündelt und priorisiert. Vorhandene Ressourcen können so gezielter eingesetzt werden. Deshalb ist es ratsam, sich abhängig von den Ressourcen auf drei bis vier Ziele zu beschränken.
Werden bei der Zielfindung alle Beteiligten einbezogen, wirkt sich das positiv auf die Motivation, Identifikation und Leistungsbereitschaft aus. Dazu gehören das Kollegium, das Betreuungspersonal, Vertreterinnen und Vertreter der Schülerschaft und der Eltern, das technische und Verwaltungspersonal sowie der Schulträger.
Nur mithilfe von Zielen und Indikatoren lässt sich überprüfen und bewerten, ob ein Ziel erreicht wurde. Die Erfolgskontrolle bietet einerseits Bestätigung für die geleistete Arbeit und zeigt andererseits weitere Entwicklungspotenziale auf. Damit bildet sie wiederum den Ausgangspunkt für neue Entwicklungsvorhaben.
Bottom-up und Top-down
Aus den Antworten auf die Frage „Warum braucht man Ziele?“ ergeben sich gleichzeitig Antworten auf die Frage „Wie entwickelt man Ziele?“. Beim MbO ist der Prozess der Zielvereinbarung als Kreislauf angelegt. Er beginnt innerhalb der Schule (Bottom-up). Dort werden beispielsweise Arbeitsgruppen mit dem Entwurf einer Zielvereinbarung beauftragt. Nach der internen Abstimmung wird der Entwurf der Schulaufsichtsbehörde vorgelegt. Nach Abschluss der Zielvereinbarung zwischen Schulaufsicht und Schulleitung werden wiederum schulintern Maßnahmen zur Umsetzung beschlossen (Top-down). Die interne Steuerung sollte abermals durch Zielvereinbarungen erfolgen. Durch diesen Kreislauf sind sämtliche Ebenen im Dialog und in die Vereinbarung der Ziele eingebunden.
Wer Verantwortung trägt muss steuern – wer steuert, trägt Verantwortung
Die Eigenverantwortung der Schule ist zentral für das Gelingen dieses Steuerungswerkzeuges. Was bedeutet das für die Rolle der Schulaufsicht? Im Prozess der Zielvereinbarung ist sie einerseits Beraterin, andererseits Partnerin in einer verbindlichen Vereinbarung zwischen Schule und Schulaufsicht. Konkret bedeutet dies, dass die Schulaufsicht die Schule in ihrem Zielfindungsprozess und in der Umsetzung der Maßnahmen mit ihren Erfahrungen berät. Sie gibt Hinweise auf Fortbildungsangebote und stellt Kontakte zu anderen Schulen oder Prozessmoderatoren her.
Mit dem Treffen einer Zielvereinbarung übernimmt sie darüber hinaus eine Mitverantwortung für die Entwicklung der Schule. Sie gibt Rückhalt für die vereinbarten Entwicklungen und verleiht Schwerpunktsetzungen eine besondere Relevanz. Die schriftliche Vereinbarung unterstreicht die Verbindlichkeit. Daher fordert die Schulaufsicht auch Berichte ein und interveniert bei Bedarf.
Zum Weiterlesen:
- Niedersächsisches Kultusministerium (2015): Zielvereinbarungen zwischen öffentlichen berufsbildenden Schulen und der Schulbehörde. [Abgerufen am 31.8.2018]
- Qualitätsagentur am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (2014): Leitfaden für die Erstellung von Zielvereinbarungen. [Abgerufen am 31.8.2018]