LiGa-Mittagsrunde mit OECD-Bildungsdirektor Schleicher

04.03.2021 - In der digitalen Reihe „LeaderChips to go“ des LiGa-Programms war am 2. März der OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher zu Gast. Dabei ging es um den Wandel des Bildungssystems im Kontext der Corona-Pandemie.

Bereits vor der Austauschrunde konnten sich die mehr als 100 Teilnehmenden den Impulsvortrag von Prof. Schleicher als Video anschauen. In seinem Vortrag präsentierte der OECD-Bildungsdirektor zahlreiche Studienergebnisse und betonte: „Das sind schwierige Zeiten für Bildung. Die Pandemie hat uns aus der Bahn geworfen.“ Die Corona-Pandemie hat zu großen Lernverlusten geführt und es ist davon auszugehen, dass sich die sozialen Disparitäten um ein Vielfaches verstärken. Doch es gibt auch positive Effekte: „In diesem Jahr der Pandemie hat sich in Deutschland mehr geändert als in den zehn Jahren zuvor.“

Zukunftskompetenzen

„Die Zukunft wird uns immer wieder überraschen“, sagt Andreas Schleicher. „Es wird Dinge geben, die unser Leben noch stärker verändern. Und es wird Herausforderungen geben, die noch unsicherer sind.“ Beispiele dafür sind der Klimawandel oder die Künstliche Intelligenz. „Daher müssen wir junge Menschen für ihre Zukunft bilden und nicht für unsere Vergangenheit.“
Haben Schüler:innen ihren eigenen inneren Kompass und Navigationsmöglichkeiten, um sich in dieser Welt zu bewegen, die unsicher und vielfältig ist? Können sie wie ein Naturwissenschaftler oder wie ein Historiker denken? Es geht laut Schleicher weniger um die Reproduktion des Wissens, sondern vielmehr um das Tiefenverständnis. Es kommt also darauf an, was sie mit dem Wissen tun können.

Als weitere wichtige Fähigkeiten benennt der OECD-Bildungsdirektor Kreativität, kritisches Denken, Neugier, Empathie und Mut. Um erfolgreich zu sein, müsse man Neues entwickeln können und Verantwortung übernehmen.

Selbstwirksamkeit

„Wenn wir wollen, dass junge Menschen innovativ und kreativ sind, dann brauchen sie Freiräume, um zu experimentieren.“ Solche Räume seien wichtig, damit Kinder und Jugendliche Selbstwirksamkeit erfahren können.

Aktuelle Studienergebnisse zeigen zwar, dass junge Menschen in Deutschland sich für die Umwelt engagieren und etwas verändern wollen. Doch das Gefühl, die Welt tatsächlich verändern zu können, ist in keinem Land so gering ausgeprägt wie in Deutschland.

Vernetzung im Kollegium

Wenn es um die Selbstwirksamkeit von Schüler:innen geht, spielen die Lehrkräfte eine wichtige Rolle. Dabei kommt es auch auf die Selbstwirksamkeit der Lehrer:innen an! Und dieses Gefühl entsteht, wenn Lehrkräfte sich vernetzen, gemeinsam Konzepte entwickeln, Neues ausprobieren, Erfahrungen und gute Beispiele teilen. Dafür brauchen sie ein Arbeitsumfeld, das ihnen solche Möglichkeiten bietet. „Als Schulleiter sollte ich mich fragen: Wie gut können meine Leute miteinander arbeiten?“, erklärt Schleicher. „Die Zusammenarbeit im Team ist die beste Garantie, um Arbeitsbelastung und Stress zu reduzieren.“

Ideale Lernumgebungen

Ideale Lernumgebungen entstehen, wenn der Raum, das Personal und die Technologien gut miteinander kombiniert werden. Das muss vor Ort in den Schulen erarbeitet werden – auch gemeinsam mit den Schüler:innen.

Andreas Schleicher verweist dabei auf Beispiele aus den nordischen Staaten, Polen und Portugal, wo umfangreiche Transformationsprozesse erfolgreich eingeleitet wurden, indem die Menschen vor Ort in Entscheidungsprozesse gut eingebunden wurden und viel Verantwortung übernehmen konnten.

Mit Blick auf das deutsche Bildungssystem stellt Schleicher fest: „Wir setzen zu viel Energie ein, um Ideen von oben nach unten in das Bildungssystem reinzudrücken. Und wir wenden viel zu wenig Energie auf, um die guten Ideen vor Ort zu finden, zu fördern, zu vernetzen und systemisch zu verankern. Ich glaube es ist nicht so schwer. Und die größten Veränderungen finden meistens in Krisenzeiten statt.“

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