Von unserer LiGa-Exkursion mit Schulrätinnen und Schulräten, Schulleitungen und Mitarbeitenden des Ministeriums nach Aarhus sind mir am meisten die Hocker in Erinnerung geblieben. Thema unseres Besuchs war die Raumgestaltung. Wir haben drei unterschiedliche Schulen besucht, die – gemeinsam mit Kommunen, Hochschulen und anderen Partnern – ihre Räume und die Ausstattung so verändert haben, dass Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte sich darin wohlfühlen und gut lernen bzw. lehren können.
Gute Raumgestaltung
Bei der gelungenen Raumgestaltung konnten wir beobachten:
- eine Ausstrahlung von Offenheit und Transparenz durch Glastüren und weite Blicke durchs Gebäude,
- schöne Farben und schönes Licht – Stehlampen, Strahler, Leselampen – statt nur Neon von der Decke,
- bequeme Ecken und Nischen, in denen man als Kind oder Erwachsener für einen Moment unbeobachtet und in Ruhe sein Ding machen kann,
- Geräte, Stangen, herabhängende Seile und Muster auf dem Boden, die – mit der magischen Anziehungskraft eines Spielplatzes – Kinder zum Hüpfen, Klettern und Robben animieren,
- und die gestapelten Hocker.
Die Hocker waren deshalb so einprägsam, weil sie Symbol für drei Dinge sind: erstens für den Zusammenhang von Raum und pädagogischem Konzept, zweitens für die Flexibilität, sich Räume zu eigen zu machen und drittens für einen Pragmatismus, der der Idee von Raumgestaltung als nicht zu bewältigender Mammutaufgabe entgegensteht.
Kleine Räume, große Flexibilität
In einer Schule saßen wir in einem ziemlich kleinen Raum mit wenigen Tischen. „Das ist ein Klassenzimmer“, erklärte uns die Schulleiterin. Die LiGa-Exkursionsgruppe, den deutschen Standard von 60 qm vor Augen, blickte verwundert. „Wie groß ist denn die Klasse?“, fragte einer der Teilnehmenden, paradiesische dänische Verhältnisse vermutend. „27 Schüler.“ Darauf sprudelten mehrere Rückfragen gleichzeitig: „Wie geht das denn? Die haben doch nicht alle Platz! Alle hier drin? Wo sitzen die denn?“ Die Schulleiterin zeigte auf mehrere Stapel mit Hockern hinten im Raum: „Sie nehmen sich einen Hocker. Sie sind sowieso nur während der Vermittlungsphase alle zusammen hier im Raum. Die kann dann eben keine 60 Minuten dauern.“ Sie grinste: „Länger als 15 bis 20 Minuten hält man es auf dem Hocker nicht aus. Aber für die Arbeit allein und in Gruppen gibt es genug schöne Plätze.“ Das stimmte. Sah man durch die gläserne Tür zum Flur, so gab es dort Sitzgruppen mit Sesseln, hohe Tische mit Barhockern und eine sonnige Terrasse. Allen wurde klar: Das Konzept des individualisierten Lernens, das die Schule prägt, lebt auch in den Räumen.
Hocker als Allzweckmittel
Hocker-Stapel sind uns auch in den anderen Schulen begegnet. Sie hatten in altersgemischten Klassen Querleisten zum Abstellen der Füße auf unterschiedlichen Höhen. Sie waren im Flur von Schülerinnen und Schülern gruppiert worden. Sie waren Fußbänke, Esstische, Ablagen. Sie zeigen einen kreativen Umgang mit Raum, der – und das ist entscheidend – stark von den Kindern ausgeht, die ihn sich zu eigen machen.
Eine Überraschung zum Schluss
Wir haben in den drei Tagen erlebt, wie es ist, wenn man sich im Schulraum richtig wohlfühlt und er zu den Kindern und zur Pädagogik passt. Und wir haben von den Vertreterinnen und Vertretern der Schulen und Kommunen Einblicke in die jahrelangen Entwicklungsprozesse und ihre Gelingensbedingungen erhalten. Am Ende stand wieder eine Überraschung: Die Schule, die uns am besten gefallen und am meisten überzeugt hat, war nicht der aufwändige und großzügige Neubau, sondern der mit klugem Konzept und in vielen kleinen Schritten umgestaltete Altbau. Es kommt also nicht auf die finanziellen Ressourcen an, sondern vielmehr auf gute Ideen und einen langen Atem.