Individualisiertes Lernen im Zentrum Berlins

11.05.2017 - An der Evangelischen Schule Berlin Zentrum, kurz ESZB, gehört individualisiertes Lernen fest zum Schulalltag. Schülerinnen und Schüler stellen vier Formate vor.

© DKJS/B. Bernat

An der Evangelischen Schule Berlin Zentrum, kurz ESZB, gehört individualisiertes Lernen fest zum Schulalltag. Am Vorabend des LiGa-Schulleitungsfachtags „Gute Ganztagsschule gestalten“ im Mai 2017 besuchten die Teilnehmenden die Gemeinschaftsschule in Berlin-Mitte. Schülerinnen und Schülern erklärten den Schulleitungen aus ihrer Sicht, wie sie individuell lernen. Sie stellten vier Formate vor.

PROJEKTLERNEN – das Fach Projekt

Die Klassen der ESZB sind jahrgangsgemischt. Für die Siebt-, Acht- und Neuntklässler steht
jeden Donnerstag das Fach Projekt oder auch Projektlernen auf dem Stundenplan. In vier Blöcken, von 10.30 bis 15.00 Uhr, arbeiten die Schülerinnen und Schüler hier an ganz unterschiedlichen Themen. Sie widmen sich zum Beispiel ungewöhnlichen Sportarten, besuchen Museen oder gestalten Räume um. Da jedes Projekt anders ist, werden zu Beginn eines neuen Themas zunächst die Rahmenbedingungen geklärt: Worum soll es gehen? Wie viele Wochen stehen den Schülerinnen und Schülern zur Verfügung? Wo darf überall gearbeitet werden und wie lang soll die Abschlusspräsentation werden?

In Gruppen machen sich die Jungen und Mädchen dann ans Werk: Neben dem Vortrag erstellen sie auch ein gemeinsames Plakat und gestalten jeder für sich ein Projektbuch. In das Projektbuch können sie Fotos, Artikel oder Bilder einkleben, Beobachtungen und Ergebnisse festhalten oder Texte kopieren – der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Zum Abschluss bewerten die Jugendlichen ihre Ergebnisse gegenseitig anhand von Fragebögen und verschiedenen Kriterien und geben so dem Lehrenden eine Hilfestellung, der die eigentliche Benotung übernimmt.

„Ich kenne mich mit Powerpoint auch nicht so gut aus. Aber es gibt immer jemanden, der das kann. Durch die Gruppenarbeit wissen wir ziemlich gut, wer was gut kann – also zeichnen, sprechen oder so was.“ (Luca)

„Wenn wir Fragen haben, können wir uns immer an den Lehrer wenden, wir treffen uns donnerstags ja auch immer erst in der Klasse. Oder an die älteren Schüler. Das ist ja der Vorteil vom jahrgansübergreifenden Lernen.“ (Luca)

„Mir macht am meisten Spaß, dass wir in der Gruppe arbeiten können.“ (Luca)

„Die Vorteile von unserem Fach Projekt sind, dass man selber lernen kann. In anderen Schulen ist der Unterricht ja eher frontal. Aber wenn man selber überlegt, kann man sich auch selber aufteilen und dann hat man mehr Motivation zum Lernen.“ (Luca)

LERNBÜRO

Mathe, Deutsch, Englisch und NG (Natur und Gesellschaft) lernen die Schülerinnen und Schüler der ESZB in Lernbüros, die fünf Mal in der Woche stattfinden. Dabei kann jeder für sich entscheiden, wann er an welchem Fach teilnehmen möchte. In den Lernbüros arbeiten die Jugendlichen selbstständig und eigenverantwortlich in ihrem persönlichen Tempo. Anhand verschiedener Materialien eigenen sie sich den Stoff an, üben und vertiefen ihn. So beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler nicht nur mit Arbeitsblättern, sondern lösen auch Gruppenarbeiten, trainieren ihr Hörverstehen mit Hörbüchern und arbeiten mit Lernprogrammen am Computer. Wenn sie Fragen haben, können sie sich jederzeit an den Lehrenden oder Mitschüler wenden. Damit niemand den zeitlichen Überblick verliert, sind die einzelnen Themen in je zehn Einheiten unterteilt. Zum Abschluss schreiben die Jugendlichen einen Test, zu dem sie sich selbstständig anmelden. Ein wichtiges Instrument dieser Lernform sind nicht nur die wöchentlichen Gespräche mit dem Tutor, sondern auch die Selbstreflexion am Ende jeder Stunde.

„Ich habe einmal an einer anderen Schule hospitiert und da war Frontalunterricht. Das war echt anstrengend. Ich kann mir nicht vorstellen, so zu lernen.“ (Elisa)

„Was ich an den Lernbüros gut finde? Dass man alleine lernen kann und so seinen eigenen Lernrhythmus hat.“ (Simon)

WERKSTATT

Im Leben gibt es so viel mehr zu lernen als nur die klassischen Schulfächer. Für all das gibt es an der Evangelischen Schule Berlin Zentrum die Werkstätten. Hip-Hop Dance, Flüchtlingen helfen oder Jahrbuch schreiben wird hier genauso angeboten wie Meditation, Textilwerkstatt und Schüler schulen Lehrer. Das Fach Werkstatt findet für die Jugendlichen der siebten und achten Jahrgänge zwei Mal in der Woche statt. Die Montagskurse wählen sie für ein halbes Jahr und die Mittwochsangebote für das ganze Schuljahr. Die Werkstätten werden von Lehrkräften geleitet – selbstverständlich können die Schülerinnen und Schüler aber auch eigene Themenvorschläge einbringen und Werkstätten ins Leben rufen. So entsteht in jedem Schuljahr ein wechselndes Angebot.

„In den Werkstätten und Projekten, wie Verantwortung oder Herausforderung, da lernt man wirklich was fürs Leben und nicht nur das, was die Schule will, dass man es lernt.“ (Elisa)

„Wir haben diese Fächer (Mathe, Deutsch, Natur & Gesellschaft, Englisch) nur in den Lernbüros. Aber es gibt noch so Werkstätten wie „Zaubermathe“ oder „Deutsch mal anders“ – die sind dann freiwillig und behandeln das Fach noch mal ganz anders.“ (Simon)

LOGBUCH

Das wichtigste Heft der Schülerinnen und Schüler an der ESZB ist das Logbuch. Neben Stundenplan, Regeln, Anleitungen und Buchausleihen beinhaltet es auch Vergessens- und Verspätungseinträge sowie Nachrichten an die Eltern oder Lehrenden. Vor allem aber dokumentieren die Schülerinnen und Schüler im Logbuch ihre ganz persönliche Lerngeschichte. Hier vermerken und reflektieren sie jede Unterrichtseinheit. Welches Thema habe ich bearbeitet? Wie komme ich voran? Und wie gut konnte ich mich konzentrieren? Bestandene Tests werden genauso ins Logbuch eingetragen wie Zielsetzungen und Wünsche. Was nehme ich mir für die nächste Woche vor? Was für das nächste halbe Jahr? Diese Einträge sind die Grundlage für die wöchentlichen Tutorengespräche und das BiZi (Bilanz- und Zielgespräch), das die Jugendlichen jedes halbe Jahr mit ihrem Tutor führen.

„Ohne Logbuch geht bei uns nichts.“ (Elisa)

„Das ist unser Logbuch – vorne steht der Name drauf. Von außen kann es jeder gestalten, wie er möchte. Manche kleben es ganz mit Stickern zu, andere lassen so wie ich ihre Freunde unterschreiben.“ (Elisa)

Die Logbuch-Vorlage können Sie hier auf der Website der ESBZ als PDF herunterladen:
www.ev-schule-zentrum.de/fileadmin/zentrum/Texte_PDF_Bilder_Zentrum/Logbuch_komplett_2013_2014_new.pdf

Text: Senem Kaya

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