Schulaufsicht – Welche drei Begriffen fallen Ihnen zuerst ein, wenn Sie ihren Beruf beschreiben sollen?
Kommunikation, Beratung, Kontrolle.
Warum nehmen Sie am Programm „LiGa – Lernen im Ganztag“ teil?
Konkreter Auslöser war eine Umfrage unter Schülerinnen und Schülern gemeinsam mit der Hansestadt Lübeck. Die hat ergeben, dass in Lübeck ab Jahrgang 8 der offene Ganztag an Attraktivität verliert. Die Teilnahmezahlen gingen zurück. Das hat mich aufgeschreckt. Witzigerweise bekamen wir ziemlich zeitnah die Möglichkeit, am LiGa-Programm teilzunehmen. Mittlerweile bin ich begeistert, weil es so viele Netzwerkmöglichkeiten bietet und letztlich eine Art Perlentaucherei ist. Nicht jedes Land, jede Kommune oder jede Schule muss das Rad immer wieder neu erfinden. Wir müssen nur systematischer voneinander ‚abgucken‘. Ich glaube, dass viele Ideen bereits irgendwo umgesetzt werden. Die Ideen zu finden und an die weiterzugeben, die sie gebrauchen können, ist die hohe Kunst. Das meine ich mit Perlentaucherei. Ich erhoffe mir, mithilfe von LiGa viele Perlen zu finden.
Was ist für Sie das Besondere am Programm „LiGa – Lernen im Ganztag“?
Das Besondere an LiGa ist der Fokus auf die Zusammenarbeit zwischen regionaler Schulaufsicht und Schulleitung. Das ist eine tolle Sache, weil es für die qualitative Weiterentwicklung wichtig ist, dass beide Partner regelmäßig zusammengebracht werden – und speziell auch die Schulaufsicht vor Ort mit in den Fokus eines solchen Programmes genommen wird. Sie hat die Möglichkeit, die Informationen, die sie bei Netzwerktreffen erhält, gut weiterzutragen um dann den Schulen oder auch dem Schulträger passende Impulse liefern zu können.
Wie sieht Ihre Teilnahme am Programm konkret aus?
Wir Schulaufsichten kommen regelmäßig an verschiedenen Orten in Schleswig-Holstein zusammen – oder eben auch zu bundesweiten Veranstaltungen. Das ist sehr inspirierend und wir erweitern unseren Horizont. Wir Schulaufsichtsbeamte kommen selbst aus Unterricht und Schule, aber es hat sich in der Zwischenzeit viel getan. Neue Schularten, die Inklusion und die Zuwanderung haben den Schulalltag verändert etc. Das, was ich aus dem Programm mitnehme, möchte ich in einen intensiveren Austausch mit den Schulen und möglichst auch mit dem Schulträger stecken.
Qualität gemeinsam entwickeln – so lautet das Motto von „LiGa – Lernen im Ganztag“. Was bedeutet das für Sie?
In Schleswig-Holstein ist das Modell des offenen Ganztags weit verbreitet. Hier kann man Qualität ganz einfach messen: Wie gerne besuchen die Schülerinnen und Schüler ihre Ganztagsschule? Wenn man den Ganztag schülerorientiert gestaltet, gehen die Schülerinnen und Schüler auch gerne hin. In Lübeck verstehen wir Ganztagsschule nicht als Vormittagsschule mit Spielerei und Malerei am Nachmittag. Wir brauchen dafür eine sinnvolle Kombination aus Rhythmisierung, planvoller Nutzung der Räumlichkeiten, guter Essensversorgung und kognitiver sowie sportlich-kultureller Anregung. Schulgemeinschaften sollen sich wirklich insgesamt als Ganztagsschule mit einem multiprofessionellen Team empfinden.
Wie unterstützt das LiGa-Programm ihre Zusammenarbeit mit den Schulleitungen?
Ich bin selbst Lehrer und Schulleiter gewesen, deswegen sind mir die Vorgänge in der Schule grundsätzlich vertraut und es gibt keine Vorbehalte und Berührungsängste. Wir arbeiten in vielen Fragen zusammen und versuchen Lösungen zu entwickeln. Das ist nicht neu. Durch das LiGa-Programm werden wir dabei aber professionell moderiert und begleitet. Außerdem gibt es regelmäßig Input durch Externe.
Ich empfinde diese geschenkte Zeit in diesem professionellen Rahmen als unheimlich wichtig, da ich die Möglichkeit bekomme, mit meinen Kolleginnen und Kollegen und den Schulleitungen in den Austausch zu gehen. Das fehlt im Alltag manchmal etwas. Durch das LiGa-Programm haben wir eine Zeitressource bekommen. Das hilft ungemein.
Wir waren schon als regionale Schulaufsicht in Dänemark, demnächst fahren wir sogar gemeinsam mit Schulleitungen auf Exkursion nach Norwegen. Dort haben wir drei Tage lang die Möglichkeit, miteinander zu arbeiten und zugleich ein anderes Schulsystem mit einem sehr ansprechenden Curriculum kennenzulernen. Hier heißt es: „Oberstes Bildungsziel ist die Motivierung des Einzelnen, sich in einer Art und Weise zu verwirklichen, die der Gemeinschaft zugutekommt – also die Erziehung zu Menschlichkeit in einer sich ständig weiterentwickelnden Gesellschaft.“ Hierzu kann die Ganztagsschule einen wichtigen Beitrag leisten. Wir informieren uns dazu gemeinsam aus erster Hand.
Gibt es etwas, das Sie aus LiGa in Ihren Arbeitsalltag mitgenommen haben?
Die systemische Beratung lag mir immer schon am Herzen und ich habe mich dazu bereits gezielt fortgebildet. Im Zuge des LiGa-Prozesses ist mir noch mal deutlich geworden, dass hier ganz viel Potenzial liegt. Das große Feld der professionellen Gesprächsführung ist ein Bereich, den wir in Schule gar nicht stark genug schätzen können. Mit systemischer Grundhaltung und dem Wissen über die geeignete Gesprächsform können wir Prozesse initiieren, problematische Situationen bewältigen und so Konflikte vermeiden. Konflikte entstehen meiner Erfahrung nach häufig durch schlecht gelaufene Kommunikationsprozesse im Vorfeld. Ein spannender Kontakt, den ich gewonnen habe, ist hierzu Detlef Kölln von der Advanced Studies Association aus Kiel. Er hat uns im Zuge der Teilnahme an LiGa im Bereich systemische Beratung und professionelle Gesprächsführung fortgebildet. Das hat mir sehr weitergeholfen.