Praxiseinblick 5: Individuell fördern – individualisiert lernen

Moderation: Sonja Mattick, Sächsische Bildungsagentur – Regionalstelle Bautzen und Thomas Hetzel, Serviceagentur Ganztägig lernen Mecklenburg-Vorpommern

Wie kann individuelle Förderung gelingen? Am Gymnasium Dresden-Bühlau sind individualisierte Lernzeiten die Antwort. Mit dem schuleigenen Kompetenzkonzept eignen sich Schülerinnen und Schüler fachspezifische und fächerübergreifende Fähigkeiten an. Auch an der Libellen-Grundschule bearbeiten die Kinder Lernaufgaben selbstständig – mit Unterstützung multiprofessioneller Teams. In der Gemeinschaftsschule „Galileo“ in Winzerla gelingt individuelle Förderung durch eine besonders enge Betreuung: Ein Sozialpädagoge begleitet ganztägig den Unterricht einer Lerngruppe mit vielen schulabbruchgefährdeten Jugendlichen.

Die Inputs

Petra Prauße leitet die Gemeinschaftsschule „Galileo“ Winzerla mit teilgebundenem Ganztagsangebot in Thüringen. Die Individualität jedes Einzelnen zu achten und zu fördern, ist Teil des Schulkonzeptes. Das bedeutet, dass die Lernausgangslage jedes Kindes erfasst wird. Lernziele werden gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern entwickelt. Sie werden in Lernentwicklungsgesprächen reflektiert, überprüft, ergänzt, verändert. Differenzierte Aufgabenstellungen und kooperative Methoden sind Teil des Unterrichtskonzeptes. Es gibt einen Galileo-Tag mit fächerübergreifendem Projektlernen und Experimentieren in Kleingruppen.

Von den 270 Schülerinnen und Schüler weisen 120 einen erhöhten und ca. ein Sechstel einen sonderpädagogischen Förderbedarf auf. Um diesen besonderen Anforderungen gerecht zu werden, gibt es Supervision, Coaching und Weiterbildungen. Zusätzlich werden die Klassen durch Sozialpädagogen begleitet. Die individuelle Förderung der Kinder ist auf ein multidisziplinäres Team verteilt. Integrationshelferinnen und -helfer, Lehrkräfte für gemeinsamen Unterricht, Teamteacher, Fachkräfte der Schulsozialarbeit, Schulpsychologinnen und –psychologen sowie ergotherapeutische Fachkräfte arbeiten an und mit der Schule zusammen.

Der Sozialpädagoge der Schule erläuterte die besonderen Projekte in „Wiederholerklassen“. Einmal in der Woche wird dort z. B. gemeinsam gekocht. Viel Wert wird auf Klassenregeln gelegt. Die zusätzliche Erziehungsarbeit durch Sozialpädagogen wird von den Kindern und Lehrkräften dankbar angenommen. Vor allem die Schülerinnen und Schüler erkennen den Mehrwert. Schule ist neben der Familie zum zweiten Ansprechpartner für die Kinder geworden. Der Spagat zwischen Autoritätsperson und Vertrauensperson gelingt gut.

Zur Homepage: gms-winzerla.jena.de

Sylvia Sobieraj leitet das Gymnasium Dresden-Bühlau mit einem offenen Ganztagsangebot. Die Schulgemeinschaft hat sich mit Angeboten der individuellen Förderung und Beratung auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen eingestellt. Das Motto der Schule ist: „Gestalte deine Bildung.“ In vielfältigen Wettbewerben (Physikolympiade, Bundesfremdsprachenwettbewerb, Streetballturnier) können Schülerinnen und Schüler ihr Können zeigen, ihre Stärken stärken und sich messen.

Mit dem Förderangebot LiSSi sollen Schülerinnen und Schüler fit fürs Gymnasium gemacht werden. LiSSi steht für: Lernen lernen – individuell – Stärken stärken – Schwächen schwächen – im Team. LiSSi gibt es als Stunden im Klassenverband, fest verankert im Stundenplan und gestaltet durch die Klassenlehrkräfte sowie als Lernzeit-Stunden. Hier können die Schülerinnen und Schüler voneinander und miteinander lernen. Die Teilnahme ist freiwillig. Hier findet auch fachliche Förderung, vor allem in Mathe, Englisch und Deutsch, statt. Das ist allerdings erweiterbar, meinte Sylvia Sobieraj. Bei Bedarf könnten auch andere fachliche Schwerpunkte mit außerschulischen Kooperationspartnern gelegt werden.

Zur Homepage:cms.sachsen.schule/gdb/start

Linda Kindler ist Lehrerin an der teilgebundenen Libellen-Grundschule in Dortmund, Nordrhein-Westfalen. 90% der Kinder an der Schule sprechen mindestens zwei Sprachen und sind maximal seit zwei Jahren in Deutschland. Um alle Kinder gezielt und ganzheitlich fördern zu können, arbeitet ein multiprofessionelles Team aus Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern, Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, Erzieherinnen und Erziehern, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern zusammen.

Jeder Jahrgang der Schule hat eine Ganztagsklasse. Auch hier wird Kooperation großgeschrieben. Die Klassen werden im Tandem, sogenannten Fachteams bestehend aus einer Lehrkraft und einer Erzieherin oder einem Erzieher, geleitet. Projekte und Lernzeiten sind im Ganztag über den ganzen Tag verteilt. Die täglichen Lernzeiten bieten Kindern einen Rahmen, um ihre Lernaufgaben zu bearbeiten. Lernen wird so gestaltet, dass Kinder selbständig arbeiten können und ihre Ergebnisse möglichst auch selbst überprüfen können. Lerngespräche helfen ihnen, sich zu reflektieren und am eigenen Lernplan weiterzuarbeiten. Durch die Entwicklungsgespräche entsteht Eigenverantwortung und das Gefühl, gehört zu werden. Das sei die Grundlage, um Lernen zu lernen. So entwickeln Schülerinnen und Schüler Selbstbewusstsein. Aber: „Lernzeit darf kein paralleles Arbeiten sein.“, sagte Linda Kindler. Deshalb wird soziales Lernen integriert.

„Wir denken vom Kind aus“ ist das Motto der Schule und die Frage, was die Kinder der Schule brauchen, orientiert die Schulentwicklung. Diese wird durch ein engagiertes Kollegium getragen. Team-Tage in Form von „Entwicklungswerkstätten“ bieten einen Rahmen, um das Lernen in den kommenden zehn Jahren zu erörtern – immer mit dem Ziel, in einem multiprofessionellen Team das selbstständige Lernen der Kinder mitzugestalten.

Zur Homepage: libellen-grundschule.jimdo.com