Praxiseinblick 4: Arbeitsalltag von Bildungsverwaltung und Schulaufsicht

Moderation: Sandra Bülow, Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS NRW) und Susanne Czaja, Deutsche Kinder- und Jugendstiftung

Wie sieht eigentlich der Arbeitsalltag von Schulaufsicht und Bildungsverwaltung aus? Und wie unterscheiden sich die typischen Aufgabenfelder von Land zu Land? Tatjana Lichtenfeld und Cornelia Herz berichteten, wie im Landesschulamt Sachsen-Anhalt Führungskräfte- und Personalentwicklung gestaltet wird. Wie Schulverwaltung und -aufsicht in Nordrhein-Westfalen mit Zielkonflikten umgehen, erklärte Rainer Michaelis. Markus Proksch erläuterte, wie Schulaufsichten in Hessen in ihrer Rolle als Krisenmanager agieren.

Wir bitten um Verständnis, dass die Dokumentation nicht ins Detail geht, sondern den Charakter des kollegialen Austauschs respektiert.

Die Inputs

Umgang mit Zielkonflikten – Ein Beispiel aus Nordrhein-Westfalen

Rainer Michaelis ist als Referatsleiter im Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen unter anderem für Gesamtschule, Sekundarschule und Oberstufenkolleg zuständig. Ihm ging es in seinem Input darum, auf Zielkonflikte hinzuweisen, die mit der Einführung von individualisierten Lehr-Lern-Formen verbunden sein können.

Individuelle Lernansätze, wie beispielsweise Lernbüros, fördern das selbstständige Lernen in der Schule und ermöglichen den Schülerinnen und Schülern, im eigenen Lerntempo zu arbeiten. Da die Unterrichtsbausteine von der Schülerin bzw. dem Schüler eigenständig gewählt werden, unterstützt dieser Ansatz darin, Verantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen. Ziele, die im Rahmen von Schulentwicklungsprozessen zumeist angestrebt werden.

Andererseits müssen Schulen den Fachunterricht – der bei Lernbüros durch eigenständige Lernphasen ersetzt wird – sicherstellen, ebenso wie eine gerechte Benotung, die auch die mündliche Leistung einbezieht. Rainer Michaelis verwies darauf, dass hier sowohl Schulen als auch Schulverwaltungen vor der Herausforderung stehen, mögliche Konflikte zwischen Förderzielen einerseits und rechtlichen Vorgaben andererseits aufzulösen bzw. Spielräume auszuloten.

Damit verbunden sei auch die Frage, wo die Eigenverantwortung der Schule beginne und wie die in Deutschland rechtlich verankerte Alleinzuständigkeit der Schulaufsicht in diesem Kontext zu verorten sei, so Rainer Michaelis. Es könne hier nur Einzelfalllösungen geben und Schulaufsichten müssen eine Vermittlerrolle in Konfliktfällen einnehmen. Pädagogische Entscheidungen, wie die Vergabe von Schulnoten, können am besten durch Pädagoginnen und Pädagogen überprüft werden. Die Justiz muss die letzte Instanz bleiben. Beschwerdemöglichkeiten sind aus Sicht von Rainer Michaelis sehr wichtig. Sie bedeuten eine Lockerung des hierarchischen Verhältnisses zur Schulaufsicht.

Führungskräfteentwicklung – Ein Beispiel aus Sachsen-Anhalt

Tatjana Lichtenfeld leitet die Abteilung für Unterrichtsversorgung und Lehrerpersonalien am Landesschulamt Sachsen-Anhalt. In einem gemeinsamen Input mit Cornelia Herz, schulfachliche Referentin im Landesschulamt Sachsen-Anhalt, nahm sie Bezug auf den Personalmangel. Dieser verlange nach verstärkter Förderung von zukünftigen Führungskräften wie Schulleitungen und Schulaufsichten. Das gilt auch für den Ganztagsschulbereich.

Bessere Kommunikation und Vernetzung zwischen Schulen, Schulaufsichten und Schulleitungen, die auch durch LiGa – Lernen im Ganztag gefördert werden, sind Strategien, um Perspektiven für zukünftige Führungskräfte zu entwickeln. Eine Enthierarchisierung mit verteilter Verantwortung kommt qualifizierten Führungskräften entgegen. Die Gewinnung von Führungskräften bedarfsdeckend zu gestalten und dabei regionale Unterschiede zu berücksichtigen, sei herausfordernd, aber unbedingt notwendig.

Konflikt- und Krisenmanagement – Ein Beispiel aus Hessen

Markus Proksch ist schulfachlicher Dezernent am Staatlichen Schulamt für den Landkreis Bergstraße und den Odenwaldkreis in Hessen.

Welche Konfliktsituationen implizieren welche Eskalation im Feld von unterschiedlichen Beteiligten. Inwieweit lässt sich eine antizipieren, dass ein Konflikt andere Ebenen der Zuständigkeit erreichen wird, bzw. wie lässt sich eine Prävention durch frühzeitige Beteiligung unterschiedlichster, scheinbar nicht betroffener Ebenen erreichen.

Unabhängig von den dienstrechtlichen Vorgaben waren dies Fragen, mit denen Markus Proksch die Workshopgruppen methodengestützt beschäftigte. Im Sinne einer fiktiven Fallbesprechungsgruppe konnten an konkreten Beispielen Lösungen für deeskalierende Verfahren erarbeitet werden.