Drittes Netzwerktreffen im Schulentwicklungsnetzwerk

08.12.2022 - Knapp ein Jahr nach Entstehung des Schulentwicklungsnetzwerkes Altmark (SenA) fand Ende September das dritte Netzwerktreffen statt. Im Fokus stand dabei der gemeinsame Austausch. Impulse aus dem Netzwerk halfen dabei, an den individuellen Entwicklungsvorhaben weiterzuarbeiten.

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Die gegenwärtigen kleineren und größeren globalen wie schulischen Herausforderungen mitsamt der sich jeweils stellenden Frage „Wie gehen wir damit um?“ sind in diesem Jahr aktueller denn je. Zahlreiche Bedingungen haben sich verschlechtert und es bleiben letztlich drei Möglichkeiten damit umzugehen, so Dr. Sören Messerschmidt, schulfachlicher Referent der SenA-Schulen: „Erstens: Wir geben auf (Passivität). Zweitens: Wir rennen weg (Flucht). Drittens: Wir kämpfen. (Angriff).“ In diesem Netzwerk – und da ist sich Messerschmidt sicher – sind alle Schulen und ihre Teams gewillt, aktiv Ideen weiter zu denken, Dinge auszuprobieren, neue Wege zu gehen sowie im Sinne der aufgezeigten Möglichkeiten anzugreifen und sich aktiv für ihre Schulen einzusetzen. Allein ist hierbei niemand. Vielmehr unterstützt das Schulentwicklungsnetzwerk den Gedanken, dass gemeinsam mehr erreicht werden kann. Nicht nur auf das Schulteam bezogen, sondern auch schulübergreifend. Und so wurde im dritten Netzwerktreffen der Fokus verstärkt auf den Austausch der Schulen untereinander gelegt. Neben den zehn teilnehmenden (Ganztags-)Sekundar- und Gemeinschaftsschulen aus den Landkreisen Stendal und Salzwedel war zum dritten Netzwertreffen überdies eine weitere Gastschule aus der Region vor Ort.

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Pulsmessung & Herzblatt – Die Arbeit in den Schulteams

Den Auftakt des Zusammentreffens bildeten zwei Arbeitsphasen, in denen die Schulteams in gemütlicher Teamfrühstück-Atmosphäre Zeit zum Reflektieren der letzten Monate erhielten. Zunächst ging es darum, im eigenen Schulteam den „Puls“ zu messen und darüber in den Austausch zu kommen, was seit dem letzten Netzwerktreffen Positives passiert ist (Wofür schlägt ihr Herz?), aber auch darüber zu sprechen, wo es noch Probleme gibt bzw. es Unterstützung braucht (Wo gibt es Rhythmusstörungen?). Im Anschluss an diese Verortung im Team und die Vorstellung im Plenum konnte sich jede Schule ihr passendes „Herzblatt“ aus den anderen Schulteams suchen und mit diesem in den Austausch gehen. Die Entscheidung wurde auf Basis der Vorstellung im Plenum und den folgenden beiden Leitfragen gefällt: Worüber wollen wir noch einmal mehr erfahren, weil wir das großartig/interessant finden? Wo können wir vielleicht unterstützen? Der persönliche Austausch mit dem jeweiligen „Herzblatt“ ermöglichte es den Schulteams, voneinander zu lernen, sich gegenseitig zu beraten und/ oder sich einfach auf die Schulter zu klopfen und Erfolge gemeinsam zu feiern.

Selbstorganisiertes Lernen in all seinen Facetten – Einblick in die Thementische

Der zweite Teil des Tages rückte die individuellen Stärken dreier SenA-Schulen sowie eines weiteren Gastreferenten aus der Region an vier Thementischen in den Fokus. Den Schulteams stand es frei, sich je Team auf die verschiedenen Angebote aufzuteilen, um möglichst aus allen Vorstellungen Impulse für die eigene Schule mitnehmen zu können.

GEMEINSCHAFTSSCHULE „WILHELM WUNDT“ TANGERHÜTTE |
LERNPFADE – „IM FLUG ZUM LERNZIEL“

Am ersten Thementisch stellte Patrick Groß, Schulleiter der Gemeinschaftsschule Tangerhütte, als einziger Gastreferent an diesem Tag, sein Thema „Lernpfade – Im Flug zum Lernziel“ vor. Der Bildsprache folgend sei der Wohnort die Motivation der Lernenden. Für den einen sei der Weg zum Abflugort schneller, für den anderen weitaus langsamer und komplizierter zu erreichen. Hier angekommen, müsse jeder und jede die Option haben – und zwar unabhängig vom eigenen Vorwissen – das gleiche Flugzeug zu besteigen. Daher sei es insgesamt passender, sich von den Begriffen „Vorwissen“ oder „bereits erworbenen Kompetenzen“ in diesem Zusammenhang zu lösen und eher das Potenzial der  Schüler:innen als gemeinsamen Ausgangspunkt (Abflugort) in den Blick zu nehmen. „Denn jede und jeder hat die Fähigkeit etwas zu leisten.  Nur die Performanz – sprich die offensichtliche Umsetzung des Potenzials – kann variieren“, so Groß. Das verbindende Element sei die Lernstrategie – hier der Lernpfad. Ausgehend von der unterschiedlichen Motivation und dem individuell (sichtbaren) Potenzial der Schülerinnen und Schüler ermögliche es ein Lernpfad, sowohl den Weg hin zum Startpunkt als auch den Weg zum Ziel individuell und selbstbestimmt zu gestalten. Erreicht wird dies durch ein durchgehend individuelles Zeitmanagement der Lernenden sowie durch individuelle Lerninhalte, die entsprechend dem gewählten Weg (direkter Weg, auf Seitenpfaden oder Schlängelpfad) bearbeitet werden. Ziel sei somit kein konformer, sondern immer ein individueller Gewinn an Performanz. Neben der grundlegenden Erläuterung der Lernstrategie „Lernpfad“ zeigte Groß am Thementisch auch ganz praktisch, wie er diese digital umsetzt. Seine Wahl: Die umfangreich nutzbare Lernplattform Moodle. Wie hier Lernpfade für die Schüler:innen eingerichtet werden können, welche Stolpersteine das Tool birgt und wie diese zu umschiffen sind, demonstrierte Groß an einem Beispiel und stand seinen Kolleg:innen Rede und Antwort.

SEKUNDARSCHULE „ADOLF DIESTERWEG“ STENDAL |
4+1-MODELL UNTER NUTZUNG VON PRAXISLERNTAGEN

Grit Dräger und Patrick Schmidt von der Sekundarschule „Adolf Diesterweg“ Stendal stellten ihre Umsetzung und die damit verbundenen Erfahrungen des Modells des dualen Lernens in Schule und Betrieb in Form der Praxislerntage sowie des 4+1-Modells, einer Kombination aus Präsenz- und Distanzlernen im Homeschooling, vor.

Bereits im Frühjahr 2021 wurde das Homeschooling-Modell ab Klasse 6 sowie das duale Lernen in Form von Praxislerntagen in den Klassen 8 und 9 eingeführt. In Kooperation mit umliegenden Betrieben haben die Schüler:innen innerhalb von zwei Jahren die Möglichkeit, vier bis fünf Betriebe durch jeweils 14-tägige Praktika kennenzulernen und so Unterrichtsinhalte mit praktischen Tätigkeiten zu verbinden. Neben dem Sammeln von praktischen Erfahrungen wird auch hier das Ziel des selbstorganisierten Lernens verfolgt. Eines der Instrumente dafür sind die Praxisaufträge, welche die Schüler:innen eigenständig bearbeiten müssen und in einem Berichtsheft festhalten und reflektieren. Neben der Einsicht in eben diese von der Schule erstellen Praxisaufträge und dem vom LISA bereitgestellten Berichtsheft tauschte man sich über diverse Learnings und Stolpersteine aus, welche den bisherigen Weg der Einführung und Umsetzung säumten.

SEKUNDARSCHULE AM WEINBERG HAVELBERG |
STATIONSLERNEN Z.B. MITTELS LERNSTRAßEN, -ZIRKELN UND -THEKEN

Eigenverantwortliches Lernen fördert auch die Sekundarschule Havelberg. Schulleiterin Kathrin Klara stellte gemeinsam mit ihrem Team das Thema Stationslernen vor. Die themenbezogene Freiarbeit kann in unterschiedlichen Formen wie Lernstraßen, -zirkeln und -theken durchgeführt werden. Maßgebend für die Wahl der Form sei immer der Zweck. Je nachdem, ob Lernstoff geübt, gefestigt oder angewendet werden soll, eigne sich eine andere Art der Freiarbeit. Wichtig sei es zudem, sich Gedanken darüber zu machen, wie viel Entscheidungsfreiheit die Schüler:innen über ihren Lernprozess erhalten sollen, so Klara. Auch dies beeinflusse die Wahl der Form der Freiarbeit. Und obwohl die Vorbereitung und Durchführung der unterschiedlichen Formen durchaus herausfordernd für Lehrkräfte sein kann, lohne sich – da ist sich das Havelberger Team einig – der Aufwand mit Blick auf die daraus resultierende positive Kompetenzentwicklung der Schüler:innen.

GANZTAGSSEKUNDARSCHULE „COMENIUS“ STENDAL |
NEUE RHYTHMISISIERUNG

Die Umsetzung eines weiteren Modellprojektes präsentierte das Team der Ganztagssekundarschule „Comenius“ aus Stendal rund um Schulleitung Jessika Hellge. Seit August 2022 ist der traditionelle Rhythmus von 45-Minuten-Unterrichtsstunden bei ihnen Geschichte. Als eine von drei SenA-Schulen beteiligt sich auch die „Comenius“ Stendal mit dem 80/10-Modell am Modellprojekt „Erprobung neuer Modelle zur Unterrichtorganisation an Schulen Sachsen-Anhalt“ des Bildungsministeriums. Beim 80/10-Modell gestaltet sich der Unterricht weiterhin in sogenannten Doppelstunden, jedoch nicht in den herkömmlichen 90 Minuten, sondern in 80 Minuten. Die hier „eingesparten“ zehn Minuten fließen in einen separaten Stundenpool. Die hier gewonnene Zeit wird u. a. in ein 80-minütiges Mittagsband eingebracht. Neben dem Mittagessen haben die Schüler:innen im ausgedehnten Mittagsband die Möglichkeit, entsprechend ihrer Interessen und Neigungen an einem Ganztagsangebot teilzunehmen und sich im Anschluss daran nochmals eine kurze Pause zu gönnen, bevor der Unterricht weitergeht. Neben den Wahl- und Lernmöglichkeiten der Schüler:innen im Mittagsband wird selbstorganisiertes Lernen an der „Comenius“ auch durch das SELF-Konzept in den Klassen 5 bis 8 aktiv befördert. An einem Tag der Woche gibt es hier für die Schüler:innen Raum und Zeit, im Rahmen von mehrphasigen Projekten unterschiedlicher Dauer wichtige Schlüsselkompetenzen wie beispielsweise kooperatives Arbeiten und Verantwortung zu erwerben. Um solch erhebliche Änderungen des Schulalltags umzusetzen, sei nicht nur (kreative) Beteiligung gewünscht und wichtig, so Schulleiterin Jessika Hellge, auch Feedback und Kritik seien hilfreich, um Entwicklungen letztlich gemeinsam voranzubringen.

Mit Herz und Seele – Anregungen zur Weiterarbeit

Eine Lerntheke rundete das Angebot des dritten Netzwerktreffens ab. So waren die Schulteams eingeladen und aufgefordert, eigene Materialien, wie Projektlernmaterialien, Kompetenzbewertungsbögen, Wochenpläne, Schulplaner, Protokollvorlagen, Vorlagen für Lernentwicklungsgespräche, Evaluationsbögen, Beispiele für selbstorganisierte oder kollaborative Lernformate u.v.m. mitzubringen. Ansinnen war es, Ideen und Anregungen zu erhalten und zu den Materialien und dahinterstehenden Konzepten und Formaten in den Austausch zu kommen und sich zu vernetzen.

Zum Ende des Tages hatten die Teilnehmenden abschließend Zeit, den Tag in den Schulteams zu reflektieren. Was können wir aus den Impulsen mitnehmen? Welche Tipps und Anregungen können wir für unser Entwicklungsvorhaben verwenden? Mit wem möchten wir auch außerhalb der Netzwerktreffen vielleicht noch in Verbindung bleiben? Diese und weitere individuelle Fragen konnten in der kleinen Runde noch einmal besprochen werden. Im gleichen Zuge sollten die Teams aber auch die nächsten Schritte planen und besprechen. Schlussendlich stellten nochmals alle Teams ihre Gesprächsergebnisse vor. Inspiriert und mit neuen Ideen ausgestattet, aber auch in dem Wissen, wie unterschiedlich die Wege zum Ziel sein können, waren sich alle einig: Es lohnt sich weiterzumachen.


SenA ist ein Kooperationsprojekt der Serviceagentur Ganztag Sachsen-Anhalt, des schulfachlichen Referenten für die Sekundar- und Gemeinschaftsschulen der Region Altmark und dem Programm LiGa – Lernen im Ganztag Sachsen-Anhalt.

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