Mikro-Impulse im April

10.05.2021 - Im Themenmonat April stellten die Impulsgeber zweimal Formen des selbstorganisierten Lernens vor. Die Reihe „Mikro-Impulse“ ist eine Kooperationsveranstaltung der Serviceagentur Ganztag Sachsen-Anhalt und „LiGa – Lernen im Ganztag“ Sachsen-Anhalt.

© DKJS/Sandruschka CC BY-SA

Der 1. Mikro-Impuls: FREI DAY – Möglichkeitsraum für selbstbestimmtes Lernen

Was ist das Besondere an diesem Lernformat? Wie kann die konkrete Umsetzung gelingen? Dazu gab Tobias Feitkenhauer von „Schule im Aufbruch“ als Projektleiter des FREI DAY in der Reihe Mikro-Impulse praxisnahe Einblicke. Unter dem Motto „Selbstbestimmt lernen! – Stärkung der Eigenverantwortung für den Lernprozess“ stellte Feitkenhauer am 20. April 2021 den FREI DAY als „Möglichkeitsraum für selbstbestimmtes Lernen“ vor.

Lernen die Welt zu verändern

Im Rahmen des Lernformats FREI DAY können sich Kinder und Jugendliche aller Altersstufen in interessenorientierter Projektarbeit persönlichen Zukunftsfragen widmen. In Anlehnung an das aktuelle UNESCO-Programm „Lernen die Welt zu verändern“ nehmen sich die Schüler:innen hier der Themen an, bei denen sie einen Drang haben etwas aktiv bewegen zu wollen und erwerben dabei Gestaltungskompetenz.

Im Gegensatz zum gängigen Lernen im Projekt ist die Projektdauer dabei nicht vorgegeben, sondern hängt von der benötigten Umsetzungsdauer ab. Die praktische Durchführung kann direkt in der Schule sattfinden oder im außerschulischen Kontext. Kinder und Jugendliche erfahren in der tatsächlichen Verwirklichung ihrer Ideen Selbstwirksamkeit und werden Teil des Bildungs-Ökosystems. Die eigene Motivation steht im Mittelpunkt – eine Benotung findet nicht statt. Vielmehr sorgt ein individuelles Feedback der Lerngemeinschaft für die gelingende Umsetzung.

Struktur und wiederkehrenden Elemente

Startpunkt des FREI DAY ist ein jahrgangsübergreifender Kickoff. Hier sammeln die Schüler:innen Projektthemen oder lassen sich von Themenvorschlägen der Lehrkräfte inspirieren. Die Verantwortung für die Umsetzung der Projekte liegt dann aber bei den Kindern und Jugendlichen. Lehrkräfte bieten in der Rolle als Lernbegleiter:innen – in mindestens vier Stunden pro Woche – individuelle Unterstützung.

In seinem Impuls stellte Feitkenhauer einen exemplarischen Ablauf eines jeden FREI DAYs vor:

  1. Forum im Plenum: Good News, Projekt-Updates, Tagesziele
  2. Projektzeit im Team von 4 bis 5 Schüler:innen: in der Schule oder am Projektort
  3. Abschluss: Kurzreflexion, Ausblick, Erfolge

Ergänzend dazu finden regelmäßige Reflexionsgespräche sowie die Präsentation des Projektstandes vor der Schulgemeinschaft, den außerschulischen Partnern bzw. Eltern statt.

Fazit – Aufbrechen und zeitgemäße Lernformate einführen

Der FREI DAY ist alles andere als ein freier Tag. Am FREI DAY übernehmen Schülerinnen und Schüler Verantwortung für sich, für andere und für die Welt. Sie setzen sich interessens- und projektbasiert mit Fragestellungen und Themen rund um unsere Zukunft auseinander.

Wer ebenso wie die Initiative „Schule im Aufbruch“ der Meinung ist, es gehöre zum Bildungsauftrag von Schule,

  • Kinder zu befähigen, sich in politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Kontexten zu engagieren und Veränderungen zu bewirken,
  • Schülerinnen und Schülern Raum für selbstorganisiertes Lernen zu ermöglichen sowie
  • Werte zu vermitteln und Handlungsoptionen zu eröffnen,

der sollte mit dem FREI DAY loslegen. Weitere Informationen zum Konzept und Unterstützungsangebote erhalten Sie hier.

Die Grundgewürze, um ein zeitgemäßes Lernformat wie den FREI DAY erfolgreich an der Schule einzuführen, fasste Feitkenhauer im Mikro-Impuls wie folgt zusammen:

  • Salz: Mut – Bereits mit ersten Schritten ins Handeln kommen.
  • Pfeffer: Begeisterung – Die Schulgemeinschaft mit Enthusiasmus anstecken.
  • Das Sahnehäubchen: Die Schulleitung ist überzeugt und unterstützt die Umsetzung.

Der 2. Mikro-Impuls: Selbstorganisiertes Lernen (SOL) an Schule – Ein Praxiseinblick

Wie kann SOL an der eigenen Schule etabliert werden? Was sind Voraussetzungen? Welche Schritte sind zu gehen und was sollte beachtet werden? Hierzu gab Referent Mathes Meseberg von der Ganztags- und Gemeinschaftsschule „Oskar Linke“ in Magdeburg am 27. April Einblicke.

Als insgesamt sechster Impulsgeber der Reihe berichtete Meseberg aus eigener Erfahrung, warum und wie an seiner Schule SOL eingeführt wurde und welche Wirkungen innerhalb der Schülerschaft und des Kollegiums mittlerweile zu beobachten sind. Neben seiner Lehrtätigkeit ist Meseberg auch als Fortbildner am Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung (LISA) für unterrichtsbezogene Schulentwicklung beschäftigt.

Viele Namen – ein Anliegen

Selbstorganisierte Lernformen in Schulen haben viele Namen: SOL, POL, Freies Lernen, Eigenverantwortliches Lernen etc. Ihnen allen ist eins gemeinsam: Das Anliegen, die Verantwortung für den eigenen Lernprozess bei den Schülerinnen und Schülern zu stärken. Ein Ziel, das in Zeiten von geforderter Kompetenzorientierung und Erfahrungen aus der Corona-Distanzlernzeit von vielen Schulen geäußert wird. Beim SOL handelt es sich jedoch um ein wertvolles Lernformat auch für nach der Corona-Zeit.

Unerlässlich für ein erfolgreiches SOL-Konzept seien Zielvereinbarungen, wiederkehrende Strukturen sowie eine kontinuierliche Feedbackkultur hält Meseberg fest. Schülerinnen und Schülern erhielten einen Gestaltungsfreiraum und somit die Möglichkeit, schrittweise selbstständiges und selbstverantwortliches Arbeiten zu erlernen. Damit einher gehe eine Veränderung der Lehrerrolle. Die Lehrkraft werde, sagt Meseberg, zum Moderator statt Gestalter eines Lernprozesses. Um bei den Schülerinnen und Schülern die Kompetenzen zu entwickeln, Lerninhalte nach eigenen Neigungen selbst zu erfassen, müsse eine zielführende Lernumgebung geschaffen werden. Dazu setze die Oskar-Linke-Schule u.a. auf die Förderung der Eigenverantwortung und Reflexionsfähigkeit ihrer Schüler:innen und verfahre nach dem sogenannten „Sandwich-Prinzip“. Es ermögliche den Schülerinnen und Schülern abwechselnd individuelle und kooperative Lernphasen. Ebenso gehöre es zum Konzept Orientierung zu geben und immer wieder die Lernerfolge aufzuzeigen.

Fazit – SOL an Schule braucht Zeit, Willen und eine positive Fehlerkultur

Die Zutaten bzw. Gewürze, die es laut Meseberg braucht, um selbstorganisiertes Lernen an Schule umzusetzen:

  • Salz: Zeit, denn mit einem guten Konzept zur schrittweisen Einführung des selbstorganisierten Lernens ist bester Geschmack garantiert.
  • Pfeffer: Willen haben, selbstorganisiertes Lernen an der eigenen Schule zu etablieren und immer weiterzuentwickeln, sprich immer wieder neu abzuschmecken.
  • Schokolade: Offenheit für eine positive Fehlerkultur, den Prozess stets im Blick halten und gegebenenfalls nachsteuern, damit das Gericht auch langfristig schmeckt und keinen fahlen Beigeschmack entwickelt.

Und dazu noch eine Geheimzutat von Meseberg, um dem Ganzen den gewissen Pepp zu verleihen:

  • Chili: Eine engagierte Schulleitung, die stets bemüht ist, den Prozess zu verfolgen und Unterstützung zu leisten – sei es mit Räumlichkeiten, dem Schreiben von Anträgen oder anderen Freiräumen zur individuellen Entfaltung.

Unter Nutzung dieser Grundgewürze samt Geheimzutat hat die Gemeinschaftsschule „Oskar Linke“ in Magdeburg ihr ganz persönliches Erfolgsrezept für die strukturelle Verankerung des SOL-Konzepts gefunden und ermöglicht so ganzheitliches und nachhaltiges Lernen.

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