Dritte Digitale Denkfabrik

29.03.2021 - Bereits zum dritten Mal kamen am 19. März 2021 Schulleitende und schulfachliche Referent:innen verschiedener Schulformen aus Sachsen-Anhalt bei der Digitalen Denkfabrik zusammen. Das Thema war „Neue Lernformen als Baustein für das hybride Lernen“.

©DKJS/Sandruschka

Im Rahmen des Programms “LiGa – Lernen im Ganztag” waren die Teilnehmenden erneut zu zwei Impulsvorträgen mit anschließendem kollegialem Austausch eingeladen. Dieses Mal ging es um neue Lernformen als Baustein für das hybride Lernen – wie etwa hybride Unterrichtstage und digitale Portfolios.

In der ersten Impulsrunde stellte Mike Keune, Schulleiter am Internationalen Stiftungsgymnasium in Magdeburg, das dort praktizierte Konzept der „Hybrid-Days” vor. Die Idee der noch recht jungen Schule in freier Trägerschaft entstand im ersten Corona-Lockdown. Nach dem Prinzip „Schule für das echte Leben” soll das Modell ein zeitgemäßes Lernen und Lehren in einer digitalisierten Welt ermöglichen.

Orientierung am agilen Projektmanagement

An fünf Tagen im Schuljahr finden sich die Schülerinnen und Schüler (aktuell drei Jahrgangsstufen) in gemischten Gruppen zusammen, um in einem Projekt zusammenzuarbeiten. Ihre Aufgabe ist – angelehnt an einem aus der Wirtschaft kommenden agilen Projektmanagementansatz – gemeinsam als „Development Team“ (Entwicklerteam) ein Produkt zu erstellen. Sie können selbst entscheiden, ob sie für die Arbeit in die Schule kommen oder lieber von Zuhause digital zusammenarbeiten. Die Lehrkraft übernimmt während des Hybrid-Days die Rolle des sogenannten „Product Owner” (Produkteigentümer). Dieser definiert anfangs den Rahmen des in der Regel fachbezogenen Projektes beziehungsweise äußert einen Produktwunsch. Während des eigentlichen Prozesses lässt er sich regelmäßig den Stand des Projektes zeigen und gibt beratend Tipps zur Weiterentwicklung.

In jedem Team behält eine Schülerin oder ein Schüler als „Scrum Master“ die Aufgabenverteilung und den Prozess im Blick. Am Ende werden sowohl das Produkt als auch der Entstehungsprozess bewertet – aber immer in Bezug auf das gesamte Team. Im Prozess werden konsequent digitale Tools und Kommunikationswege genutzt. Bei einem erneuten Lockdown könnten die fünf Hybrid-Tage zu einer Woche Distanzlernen zusammengezogen werden. Aber auch bei regulärem Präsenzunterricht könne das Modell der Hybrid-Days, Keune zufolge, „mit in die Zukunft” genommen werden.

Welche Voraussetzungen braucht es

Als Grundvoraussetzung sieht Keune sowohl eine entsprechende technische Ausstattung als auch eine gute Organisation in Bezug auf den Umgang mit digitalen Endgeräten sowie ihre didaktische Einbindung.

In der anschließenden Diskussion tauschten sich die Teilnehmenden darüber aus, wie die hybride Lehre konkret umgesetzt werden kann und welche Fragen dabei wichtig sind. Wie viele Gruppen betreut eine Lehrkraft? Wie werden die Geräte diebstahlsicher aufbewahrt? Wie kann das Prinzip „Bring Your Own Device” gelingen? Und wie können analoge und digitale Mittel didaktisch sinnvoll miteinander verknüpft werden?

Digitale Portfolioarbeit per App

Im zweiten Impuls stellte der Biologie- und Sportlehrer Stephan Falke (Hans-Dietrich-Genscher-Gymnasium, Halle (Saale)) seine Herangehensweise vor, um Schülerinnen und Schüler auch in hybriden Settings zur aktiven Teilnahme am Unterricht zu motivieren. Auch an seiner Schule gestaltete sich der Austausch zwischen Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften während des Lockdowns zunehmend schwieriger.

Mit der Lernapp „Seesaw” trete er nun interaktiv mit den Schülerinnen und Schülern in Kontakt. Die Schülerinnen und Schüler können Fotos, Videos, Links, Texte und Ähnliches auf einer digitalen Plattform sammeln. Dabei seien die Feedback-Möglichkeiten für den Lehrenden vielseitig – mit einem Like, einem Text oder einer Audionachricht könne direkte Rückmeldung gegeben werden. Da der Einsatz von ePortfolios nicht nur die Kinder und Jugendlichen zur Reflexion ihrer eigenen Unterrichtserfahrungen motiviere, sondern ihre Denkprozesse auch für den Lehrer sichtbar mache, resümiert Stephan Falke: “Ich möchte es nicht mehr missen.”

Lebensrealität der Schülerinnen und Schüler berücksichtigen

“Wenn man die Lernenden an die Hand nimmt und mit den gewählten Werkzeugen gut umgehen kann, gelingt die Schülermotivation viel besser”, so fasste es eine Teilnehmerin im sich anschließenden Austausch zusammen.  Grundsätzlich waren sich alle Teilnehmenden in der zweiten Diskussionsrunde einig, wie wichtig es sei, die Lebensrealität der Schülerschaft anzuerkennen und in den Unterricht miteinzubeziehen. Apps für das Smartphone seien daher eine sehr gute Idee, stimmte auch Dr. Sören Messerschmidt, schulfachlicher Referent, zu.

Schulleiterin Astrid Bach vom Gymnasium Philanthropinum Dessau, betonte auch noch mal die Notwendigkeit, das gesamte Kollegium mit ins Boot zu holen. Wenn man mit gutem Beispiel voran gehe, motiviere das auch eher verhaltene und skeptische Kolleginnen und Kollegen. Besondere Relevanz erhalte das Thema durch die Verankerung in der konzeptionellen Arbeit. Es sei sehr hilfreich, wenn neue Lernformen auch Einzug in das Schulkonzept halten: “Wenn alle zusammenhalten, geht die Schule durch die Decke!”, sagte Mandy Rauchfuß, Schulleitung der Gemeinschaftsschule Heinrich Heine, Halle (Saale).

Schwarmintelligenz nutzen

Im abschließenden Peer-to-Peer-Austausch bekamen die Schulleitenden die Möglichkeit, sich über aktuelle Stolpersteine des pandemiebedingten Wechselunterrichts auszutauschen. Zur Sprache kamen dabei beispielsweise die rechtlichen Grundlagen des Prinzips „Bring Your Own Device” sowie der Umgang mit mangelndem Lehrpersonal. Die vielen Vorschläge, Tipps und Empfehlungen bewiesen auch hier: Es lohnt sich, die kollektive Intelligenz des Netzwerks zu nutzen, um in diesen herausfordernden Zeiten gemeinsam mögliche Lösungen für eine gelingende Zukunft unserer Schulen zu finden.

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