Wie schulische Qualitätsentwicklung im Ganztagsbereich konkret umgesetzt werden kann, zeigt das Praxisbeispiel des Goethe Gymnasiums Bensheim auf seinem Weg zur Ganztagsschule. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden Gelingensbedingungen definiert, Herausforderungen offengelegt und temporäre Entwicklungsphasen festgesetzt. Nicole Guthier, Schulleitung, stellte die Schritte und Erfahrungen in einem Vortrag auf dem ersten LiGa-Fachtag im November 2016 vor.
Phase 1: Einfach mal versuchen
Das Goethe Gymnasium Bensheim ist mit 1.200 Schülerinnen und Schülern seit 2013/2014 im Bundesnetzwerk der Ganztagsschulen. Bis 2012 beschränkte sich das Ganztagsangebot auf Basisangebote wie Betreuung, Arbeitsgemeinschaften und Vermittlung von Nachhilfe. Mit dem Ausbau des Ganztagschulbetriebs startete im 1. Halbjahr 2012/2013 die erste Entwicklungsphase. Unter dem Motto „Einfach mal versuchen“ wurden in dieser Phase vor allem organisatorische Maßnahmen eingeleitet und umgesetzt. Dazu zählten z.B. eine „Mittelstunde“ Lernzeit, Nachmittagsunterricht sowie zusätzliche Betreuungsangebote.
Phase 2: Von anderen lernen
Im zweiten Halbjahr nahmen Lehrkräfte des Goethe Gymnasiums an einer Hospitation in einer bayerischen Schule teil. Die gewonnenen Erkenntnisse konnten sie gleich in die Praxis umsetzen. Dabei ging es vor allem um die räumliche Entzerrung, also die Aufteilung der Klasse in Kleingruppen.
Phase 3: Das Eigene finden
„Das Eigene finden“ – so lautete das Motto im darauf folgenden Schuljahr. Nun ging es darum, individuelle, auf die Schule angepasste Innovationen umzusetzen. So wurden z.B. die Hauptfächer um eine Stunde verstärkt und sogenannte „Lernzeitinseln“ geschaffen. Zusätzlich wurden „Lernzeitklassen“ als „Klassen ohne Hausaufgaben“ und Alternative zum konventionellen Klassenmodell eingeführt, bei denen der Unterricht um vier zusätzliche Stunden pro Woche verstärkt wurde.
Wie es gelingt
Als Gelingensbedingungen für einen nachhaltigen Ausbau des Ganztagsbetriebs nennt Guthier …
- eine graduelle Veränderung des Systems unter Beibehaltung bewährter Elemente und Strukturen,
- einen systemischen und auf Ganztagsausbau ausgerichteten Blick der Schulleitung,
- die Einbeziehung aller an Schule Beteiligten sowie
- die Offenlegung bzw. den lösungsorientierten Umgang mit Problemen und Defiziten.
Auf dem Weg zur guten Ganztagsschule kommt der Schulleitung eine besondere Rolle zu. Sie muss nicht nur Rechenschaft ablegen und Bericht erstatten gegenüber der Schulaufsicht, sondern hat auch viele weitere Aufgaben – als Partner für Ressourcenaufstockung, Fachberater, Organisator von Hospitationen und Fortbildungen sowie im Aufbau von Netzwerken.