Die Inputs
Andrea Klose ist Sonderpädagogin an der Berliner Hunsrück-Grundschule mit gebundenem Ganztagsangebot. Die Ganztagsschule arbeitet seit langem rhythmisiert und aktualisiert ihr Konzept fortlaufend. Der Unterricht ist in Einheiten von jeweils 30 Minuten unterteilt. Das erlaubt eine bessere Rhythmisierung. Unterricht, freiwillige und verpflichtende Angebote sowie selbstbestimmte Zeiten sind im Wechsel organisiert. Die 30-Minuten-Blöcke können auch zusammengelegt werden. Eingebettet in die Blöcke sind individualisierte Lernsettings wie Projektarbeit, Lernen an Stationen, Werkstattarbeit oder Förderangebote im Rahmen von Inklusion. Gerade im Anfangsunterricht wird besonderer Wert auf Phasen individualisierten Lernens gelegt.
„Der Tag beginnt bei uns mit einer ritualisierten ersten Stunde und einer 30-minütigen Gleitzeit. Dann können alle entspannter anfangen.“, sagte Andrea Klose. Am Morgen wird der Tagesplan gemeinsam angelegt und durchgesprochen: Das gibt Struktur und gleichzeitig Sicherheit. Die Wochenpläne haben sich an der Schule nicht bewährt. Das hätten viele Kinder nicht geschafft, so Andrea Klose. Wichtig sind aus ihrer Sicht die Pausenzeiten und nach der Mensazeit auch die Spielzeit.
Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte haben viel Gestaltungsfreiheit. Den Stundenplan für ihre Klasse erstellen sie selbst. Sie tun das auf Grundlage eines „Rohplans“. Festgelegt sind hier Sport, Religion und andere Fächer, alles andere kann im Klassenverband entschieden werden.
Homepage: hunsrueck-grundschule.de
Corinna Reinhardt stellte als Lehrerin an der gebundenen Ganztagsgrundschule die Blücherschule-Europaschule in Hessen vor. In verschiedenen Fächern, Angeboten und Projekten wird altersgemischt gelernt. Die Schule hat den erweiterten Zeitrahmen für eine neue Rhythmisierung genutzt. So ist z. B. der 45-Min-Takt weggefallen. Unterricht findet sowohl vor- als auch nachmittags statt. Klassenzeiten mit instruierendem Unterricht im Klassenverband wechseln sich ab mit individualisierten Lernzeiten, Projektsettings mit Zeit für selbsttätiges Lernen und Experimentieren und frei gestalteter Zeit, in denen sich die Kinder selbst organisieren können.
„Wir wollten unsere Zeiten individuell gestalten. Ich bin der Meinung, dass Anspannung und Entspannung sich abwechseln müssen. Wir nennen das „Managertag“ der kleinen Schüler!“, sagte Corinna Reinhardt. „Unser Schultag hat daher einen weichen Beginn mit einem ersten Block von 8:00 bis 10:00 Uhr. Wir planen den Tag gemeinsam.“, sagte Corinna Reinhardt. Bis 10:00 Uhr wird der Klassenverband ins selbständige Arbeiten eingeführt, damit die Kinder den Rest des Tages selbständig lernen können. Der 2. Block ist offen gestaltet mit Musikunterricht und Büchereibesuch. Es folgt eine lange Mittagpause mit Essen und Kinderzeit, betreut durch sozialpädagogische Fachkräfte. Dadurch können sich Kinder auch am Nachmittag wieder konzentrieren und auch Mathe und Deutsch machen. Statt Hausaufgaben gibt es an der Schule eine Übungszeit. Sie findet von 13.15 bis 14 Uhr statt. Einmal die Woche gibt es eine Projektschiene, unterstützt durch externe Partner. Wichtig sei ein gemeinsamer Tagesabschluss, besonders für die Erstklässler.
„Wir arbeiten mit Wochenplänen, welche die Lehrkräfte den Kindern ausgeben, ergänzt um Förderpläne von Sonderpädagogen, wenn nötig.“, erklärte Corinna Reinhardt. Das bedeutet viel Vorbereitungszeit, aber es erlaubt den Lehrkräften, während der Woche in die Rolle der Lernbegleitung zu wechseln. Man könne so gemeinsame Lernstrategien mit den Kindern entwickeln.
Zur Homepage: www.bluecherschule.de
Ruth Breuer ist Schulleiterin der Sophie-Scholl-Gemeinschaftsschule in Dillingen im Saarland. Seit 2012 arbeitet die Schule als gebundener Ganztag, gegründet wurde die Schule jedoch schon 1972. „Der Ganztag war für uns ein großer Fortschritt. Er hat unseren Schulalltag entschleunigt“, sagte Ruth Breuer. Auch an dieser Schule ist der Unterricht über den Tag verteilt. „Kinder müssen Zeit haben zu entspannen, damit sie auch am Nachmittag noch Mathe machen können.“, findet Ruth Breuer. Mathe am Nachmittag finden auch die Schülerinnen und Schüler nicht schlimm: „Wir haben doch ganz viele Pausen!“ Darunter ist auch eine lange Mittagspause von 45 Minuten. „Wir wollen die Schülerinnen und Schüler ja nicht nur abfüttern.“, sagte Ruth Breuer dazu. Mittagessen ist ein für alle verpflichtendes Ereignis innerhalb des Schultages.
Die Unterrichtszeiten sind in größeren Blöcken organisiert, um mehr Freiraum für individualisiertes Lernen zu haben. Einer dieser Blöcke nennt sich „Arbeiten & Üben“. Schülerinnen und Schüler helfen sich hier gegenseitig. So wird der Lernerfolg weitgehend unabhängig von der Hilfe der Eltern. Die Schülerinnen und Schüler verfestigen hier nicht nur ihr Wissen, sondern üben auch das selbständige Arbeiten. Sie können auf die Hilfe der Lehrkräfte zurückgreifen, falls es nötig wird. Hausaufgaben wurden durch Wochenpläne ersetzt. Arbeiten in Lerngruppen, Logbuch und Projektarbeit haben einen hohen Stellenwert, um eigenverantwortliches Lernen zu stärken. Zweimal jährlich finden Lernstandsgespräche statt, bei denen die Eltern anwesend sind.
Mittwochs wurde ein kurzer Schultag eingerichtet, ohne Betreuung am Nachmittag. Lehrkräfte haben hier ihre Systemzeit: für Konferenzen und Besprechungen. Ansonsten unterrichtet jede Lehrkraft in der Regel an zwei Nachmittagen in der Woche. Pro Klasse stehen den Klassenlehrkräften 11 Stunden Ganztagszeit zur Verfügung, z. B. für „Arbeiten & Üben“, Klassenrat und Essensbegleitung.
Alle müssen sich in der Schule wohlfühlen! „Wenn man Ganztag macht, dann muss man ihn tragen und leben wollen! Ihn nur zu ertragen, reicht nicht!“, lautete ihr Fazit.
Zur Homepage: www.ssg-dillingen.de